Sonntag, 12. Mai 2013

Fazit

22 Tage
1262 km mit dem Rad
18000 Höhenmeter
1 Platte
Verlust des Personalausweises

Sizilien war anders als in meinen Vorstellungen. Während ich in der gleichen Zeit bei 1380 Gesamtkilometern in Marokko 17400 Höhenmeter im Hohen Atlas nach oben kletterte, waren es auf der Insel Sizilien sogar 18000 Höhenmeter, obwohl ich über 100 km weniger und den größten Teil der Strecke an der Küste fuhr und nicht kreuz und quer durchs Inland. Während die großen Strassen die vielen Flußtäler mit Brücken überspannen, musste ich auf den kleineren bei jedem Flußlauf zuerst ins Tal abfahren , um drüben wieder hochzuklettern. Auch viele Städte thronen auf einem Berg, um in früheren Zeiten Feinde besser sehen und sich gegen sie verteidigen zu können.
Die einsamen Gegenden, die ich mir vorgestellt hatte, gab es in Form von landwirtschaftlichen Flächen, die allerdings fast alle mit Zaun oder Mauern eingezäunt waren. Gut, dass ich das Zelt daheim gelassen hatte, es wäre nämlich schwierig gewesen, überhaupt einen Platz zum Übernachten zu finden. Überall standen Häuser und es wurde gebaut, das Baurecht in Sizilien - wenn es nicht Schwarzbauten waren - scheint ziemlich frei zu sein. Daneben die Stelzen und Brücken der Autobahnen und Schnellstrassen, die praktisch jedes Tal durchzogen. Einsamkeit und Stille gibt es auf Sizilien mit wenigen Ausnahmen nicht, zumindest dort nicht, wo ich unterwegs war, wenn man mal von Stromboli absieht.

Die Strände im Westen und Süden sind eher sandig, die im Norden und Osten meist aus Kies, das Wasser aber immer sauber und teilweise grün-blau mit schönen Felsformationen an der Küste. Kulturell hat Sizilien sehr viel zu bieten, von den griechischen Tempeln über die Theater bis hin zu den Barock-Kirchen und den phantastischen Gebäuden in vielen Städten wie Noto, Modica, Ragusa, Syrakus, Catania oder Palermo. Überall tobt das Leben, in den Städten, an den Stränden oder auf der Strasse. Das Gehupe der Autos, der Lärm der frisierten Motorroller, das ewige Palaver der Sizilianer mit hoher Lautstärke haben mir auf Dauer schon zugesetzt, es fehlten die ruhigen Momente in der Natur zum Ausgleich.
Die über booking.com gebuchten Unterkünfte kamen im Durchschnitt auf weniger als 40 Euro/Nacht und waren alle sauber und mit meist recht viel Platz. Manchmal war eine Küche dabei, dann konnte ich mir das Abendessen selbst machen. Die Kosten für Essengehen und Einkäufe waren meist deutlich höher wie zuhause, lediglich Obst, Gemüse  und Kaffee waren günstiger. Das italienische Eis ist einfach unübertroffen, kostet aber mindestens soviel wie daheim. Und Fisch bekommt man dort wirklich frisch auf den Teller.
Meine paar Wörter italienisch reichten zwar für den Einkauf, das Bestellen und die Unterkunft, aber nicht für eine Unterhaltung. Einige Sizilianer sprechen deutsch, weil sie mal hier gearbeitet haben, viele Italiener sprechen englisch, aber in den Dörfern war es eher schwierig. Ich finde italienisch eine recht schöne Sprache, aber die Lautstärke ging mir manchmal wirklich auf die Nerven.

Nach 3 Wochen brauchte ich einfach mal wieder Ruhe und war froh, den Rückflug antreten zu können. Gerne werde ich noch einmal wiederkommen, aber dann eher mit dem Leihauto oder dem Motorrad. Das Wetter war gerade richtig zum Radfahren, in der letzten Woche hatte es schon einige Male um die 30°C. Das bedeutete immer noch einmal 2 - 3 kg mehr Gewicht durch Getränke, und das den Berg hoch. Ab Juni dürfte es zum Radfahren effektiv zu warm werden.
Den verloren gegangenen Personalausweis werde ich wohl neu beantragen müssen. Das Hotel, das mir den Perso morgens nicht zurückgab, hatte ihn angeblich per Post an das letzte B&B in Palermo verschickt, wo er aber 1 Woche später noch nicht eingetroffen war. Eine erneute Nachfrage nach einer weiteren Woche daheim änderte auch nichts. Es wird wohl so sein wie mit der Busfahrt, der erste Schritt klappt vielleicht, aber der zweite nicht. Ist halt Sizilien, da musst Du dich selbst um alles kümmern. Trotzdem war ich mit meinem Urlaub zufrieden und kann Sizilien im Frühjahr auf jeden Fall empfehlen.

Montag, 6. Mai 2013

über Mondello zum Flughafen in Palermo

Nachdem es gestern Abend noch mehrmals geregnet hatte, begrüßte mich der Sonntag wieder mit blauem Himmel und viel Sonne. Ich frühstückte im B&B zusammen mit einem polnischen Paar - mit ihm hatte ich mich schon gestern sehr nett unterhalten - und einem russischen Trio. Kein Vergleich zum Frühstück am Tag zuvor, aber besser als nichts.
Nach dem Beladen des Rads fuhr ich Richtung Hafengelände, wo einige große Ozeanpötte vor Anker lagen. Dann ging es immer an der Küste lang Richtung Palermos Badevorort Mondello. Unmengen von bunten Blumenläden waren entlang der Strasse aufgereiht, und das sah nicht nur schön aus, sondern die Menschen kauften nicht nur einen mickrigen Strauss, sondern gleich soviel sie gerade noch tragen konnten. Kein Wunder, 20 langstielige Rosen mit dicker Blüte gab es zu einem Preis, den man bei uns für eine dieser Rosen bezahlt. Frischer Fisch wurde ebenfalls verkauft, und die Sizilianer genossen den freien Tag beim Baden, Sonnen und Angeln. Als ich um eine Bergspitze des Monte Pellegrino herum nach Mondello kam, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen. Wie in den Ostseebädern unserer letztjährigen Sommerreise ist das Kurhaus hier auf Stelzen ins Meer hinaus gebaut, und mehrere tausend Menschen bevölkerten den 1,5 km langen breiten Sandstrand. Unglaublich, was da los war. Natürlich wäre ich bei der Hitze auch gerne ins Wasser gehüpft, aber hier mein Fahrrad noch im Blick zu behalten war ein Ding der Unmöglichkeit.
So genoß ich eine Weile das Treiben und fuhr dann weiter Richtung Flughafen. Zwischendurch gab es noch einmal in einem Ort das Abschiedseis, ein Gedicht! Als ich kurz vor dem Flughafen einen kleinen und relativ leeren Strand entdeckte, zog ich mir dann doch noch schnell die Badehose an und hüpfte hinein. Das Wasser war gar nicht mehr kalt, 20°C waren es bestimmt. Abgesehen von einigem Tang war es ausgesprochen sauber, und ich war den ganzen Schweiss des heutigen Tages los.
Mit frischen Klamotten radelte ich dann die paar Kilometer zum Airport. Dieser liegt wegen Berücksichtigung von Mafia-Interessen an einer flugtechnisch ungünstigen Lage, bei der die Maschinen relativ nahe an den Bergen vorbeifliegen mussten. Die starken Scirocco-Winde zwangen bald zum Bau einer weiteren Querbahn, und 1995 wurde ein neues Terminal mit der Bezeichnung "Falcone e Borsellino" eingeweiht. Erinnert werden sollte damit an die beiden Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, die 1992 von der Mafia ermordet wurden. Mit 2 Rollen Frischhaltefolie aus dem Supermarkt umwickelte ich mein Rad und wurde dann 2 1/2 Stunden vor Abflug am Schalter von einer netten Dame bedient. Dank der Bescheinigung der Polizei war der fehlende Personalausweis kein Problem. Da ich die 50 Euro für den Rücktransports des Rads noch bezahlen musste, ging ich zum Schalter des Betreiber GESAP. Der schaute nach, aha, 50 Euro, und verlangte 55 Euro! Die 5 Euro wären Gebühren für das Eintreiben der 50 Euro! Die Mafia ist doch noch überall, und was jahrelang gelebt wurde, geht nicht so schnell verschwunden. Anschließend sollte ich an einer Stelle mit dem Bike warten, es würde abgeholt. Es dauerte trotz regelmäßiger Nachfrage 1 Stunde, bis jemand kam. Die letzte Viertelstunde hatte ich dabei wenigstens die Gesellschaft einer englischen Familie, die ihre Gitarre als Sperrgut verschicken musste. Kein Wunder, wenn manche Italiener da mal laut wurden, aber genützt hat es ihnen auch nichts. Immerhin saß ich dann pünktlich in der Maschine, und bis auf den Schaumstoff am Lenkergriff ging auch nichts am Rad kaputt. Ulli holte mich in Frankfurt ab, über unserer Wohnung war ich schon Minuten vorher beim Anflug über Mainz geschwebt. Hier ist inzwischen auch alles grün und blüht, das ist ein nahtloser Übergang.
Teatro Massimo in Palermo


Hafenanlagen in Palermo

Fisch gibt es frisch auch am Sonntag

Blumen in Massen entlang der ganzen Küstenstrasse

noch ist es leer an den Stränden vor dem Monte Pellegrino

man genießt den Sonntag


kurz vor Mondello


das Kurhaus von Mondello auf Stelzen

rassige Sizilianerinnen


ob das noch Spaß macht?

Andacht mit Musik im Freien


Blick auf Sferracavallo

hier bin ich dann auch noch einmal schwimmen gewesen

am Schalter im Flughafen

Samstag, 4. Mai 2013

Balestrate über Monreale nach Palermo

Ein super Frühstück gab es heute morgen mit lauter frischen und biologisch angebauten Sachen. Allerdings bin ich ja mehr der süße Morgenmuffel, der mit Wurst und  Käse zum Frühstück weniger etwas anfangen kann. Aber es war wirklich lecker, und Kaffee gab es endlich mal genug.
Zuerst radelte ich einfach mal die Küste lang, bis ich irgendwo die richtige Straße verpasste, weil ich nicht auf die Schnellstraße SS187 wollte. Als ich dann schon mal auf dem Weg in die Berge war, dachte ich, ist ja der letzte richtige Rad Tag, dann besichtige ich Monreale gleich auf dem Weg nach Palermo und nicht als Ausflug von dort. Die SP43 stieg auch nur bedächtig an bis Partinico, was sich danach aber schlagartig änderte. Den kurzen Weg durch Borgetto hoch zur SS186 konnte ich nicht nur nicht mehr fahren, selbst das Schieben war so anstrengend, dass ich alle hundert Meter eine Pause machen musste. Irgendwann hatte ich es aber dann geschafft, und ich hoffte nur, dass die SS186 einigermaßen eben bleiben würde, die Höhe von Monreale hatte ich doch schon geschafft. Pustekuchen! Beständig ging es nach oben, durch einige Galerien vorbei bis knapp unter 700m Höhe.
Nach einem Eis zum Abkühlen ging es dann rasant nach Monreale, wo es gar nicht so leicht war, die Cattedrale Santa Maria Nuova zu finden. Diese stand in Konkurrenz zur Kathedrale von Palermo, die der Palermitaner Erzbischof Walter of the Mill 1170-85 bauen ließ, während Santa Maria Nuova 1174-82 vom Normannenkönig Wilhelm II. in Auftrag gegeben wurde. Da die Kirche erst um 14:30 Uhr wieder geöffnet wurde, schlenderte ich noch ein wenig durch Monreale, genoss den schönen Blick nach Palermo und die kleinen verwinkelten Gassen. Viel Tourismus mit dem üblichen Mist und auch die Trattorias mit dem Menu Turistico , aber schön gelegen waren sie allemal.
Mein Rad hatte ich in der Nähe der Kathedrale seitlich hingestellt, und als ich mal wieder danach schauen ging, hatte so ein findiger Sizilianer mein Rad samt Gepäck einfach hochgenommen und 4 Meter weg vor eine Türe platziert, damit er sein Auto an dieser Stelle abstellen konnte. Schade, dass ich nicht kräftig genug war, sein Auto weg zu schieben und mein Rad wieder an die alte Stelle zu parken. Wer ein Auto hat, hat hier immer Recht! Auch in der autofreien Zone wie um die Kathedrale.
Das Innere der Kathedrale beeindruckt einerseits durch seine Größe von 102 x 40 m, besonders aber durch den 6340 qm großen Mosaikzyklus mit Szenen aus dem Alten Testament und dem Leben Christi, die alle noch weitgehend original erhalten geblieben sind. Den Kreuzgang habe ich mir dann bei so viel Eindrücken nicht mehr angesehen, die vielen Reisegruppen machten mir Beklemmungen.
Inzwischen war der strahlend blaue Himmel einigen Wolken gewichen, die die ersten Regentropfen schickten, sobald ich das B&B Liola in Palermo unweit des Teatro Massimo gefunden hatte. Mein Rad wurde sicher im Innern untergebracht, das Gepäck mit dem Aufzug in den 4.Stock transportiert, nur leider ist mein Personalausweis bis heute noch nicht hier eingetroffen. Montags verschickt, heute ist Samstag, ganz schön lange für etwa 100km Entfernung, auch wenn hier am Mittwoch Feiertag war. Der Wirt war sehr hilfsbereit, rief bei der Polizei an und schrieb mir dann auf italienisch auf einen Zettel was passiert war, damit ich den bei der Polizei vorzeigen könnte. Nach der Dusche machte ich mich dann auch gleich auf den Weg, und die sehr freundlichen Beamten stellten mir dann auch eine Bescheinigung für den Flughafen aus und meinten, es würde keine Probleme geben. Geburtsort München, ah, Bayern München! Die kannten sie hier auch.
Zwischen den Regenschauern ging ich dann noch durch die Gassen mit den verschiedenen Läden und Märkten und kaufte Getränke und Nudeln mit Salat ein. Die Sizilianer kennen keine 1 oder 2 Cent-Münzen, da wird grundsätzlich meist auf einen 10er auf- oder abgerundet. Euro-Stücke scheinen auch knapp zu sein, nicht zum ersten Mal bekam ich heute einige Euro in Form von 10 bzw. 20 Cent-Münzen zurück. Beim Nudeln Kochen kam ich dann noch mit einem polnischen Gast in Kontakt, der studiert und gerade Semesterferien hat. Er will nächstes Jahr in Schweden ein Auslandssemester machen. Daheim käme er mit umgerechnet 150 Euro im Monat hin, da wird er sich in Stockholm aber umschauen. Dann kam auch noch ein Anruf meiner Freundin Ulli, die mich heute Abend vom Flughafen abholen wollte. Irgendwie ist da gründlich etwas schiefgelaufen in der Kommunikation, und ich hätte auch nichts dagegen gehabt, heute schon nach Hause zu fliegen. Zumal ich da bestimmt ruhiger geschlafen hätte als hier; im Zimmer nebenan sind zwei Russen, schauen Glotze und lachen sich in einer Lautstärke schief, dass man meint, die sitzen bei mir auf dem Schoß. Hoffentlich sind die früh in der Falle.
in Partinico sieht es noch harmlos aus

endlose Steigung bis auf fast 700m Höhe über Meeresspiegel

Cattedrale Santa Maria Nuova 1174-82

die üblichen Touristenstände


Sizilien ist reich, die Wäsche auf dem Balkon täuscht

im Park der Kathedrale


beeindruckend die schiere Größe der Kathedrale mit 102 x 40 Metern

der Bau der Arche Noah


Abraham will seinen Sohn Isaak opfern


Adam , Eva und die Schlange ... leider immer noch modern

wieder zurück beim Teatro Massimo in Palermo

Freitag, 3. Mai 2013

volle Dröhnung kurz vor Schluss

Kurz vor dem Ende meiner Reise kam heute noch einmal die volle Dröhnung Sicilia. Hitze und frühlingshafte Natur, türkisfarbenes Wasser und rauhe Berge, alte Kultur und sizilianische Gastronomie, 83km einsame Strecke und über 1570 Höhenmetern. Ein wenig habe ich beim Fahrradpacken schon die andern Gäste des Hotels beneidet, die gerade bei Sonne und blauem Himmel mit Blick auf das Meer und die markante Felsformation in San Vito Lo Capo ihr Frühstück zu sich nahmen. Noch einen Tag hier statt den letzten in Palermo zu verbringen wäre sicher nicht schlecht gewesen.
Die Fahrt durch den Zingaro Nationalpark fiel ja aus, weil Fahrräder dort nicht erlaubt sind. Um nicht denselben verkehrsreichen Weg wieder zurückfahren zu müssen, entschloss ich mich, nach etwas über 10 km die SP16 zu verlassen und eine kleine Straße nach links hochzufahren. Es ging immer an der Grenze des Zingaro NP entlang, und die Sonne setzte mir unerbittlich zu, so dass ich öfters Pause machen oder schieben musste. Ich wunderte mich nur, warum ich wirklich kein einziges Fahrzeug und keinen Menschen dort erblickte, und mir schwante schon ein übles Ende in Form eines Zauns oder Gitters. Von Meereshöhe auf 600m ging es hoch, dann konnte ich auf die andere Seite zum Meer bei Scopello sehen. Die ganze Region ist Karstgebirge, ohne richtige Bäume mit niedriger Vegetation. Überall hörte ich das Glockengeläute der Schafe, und bizarre Felsformation sahen einfach toll aus. Warum sonst keiner hier fuhr, wurde mir beim Weg nach unten klar. Statt Straße gab es einen mit Felsbrocken übersäten Weg steil abwärts, so dass ich mein beladenes Rad meistens schieben musste. Wenn ich es dann doch mal auf dem Rad versuchte, machte ich bei jedem Bremsversuch fast eine Bauchlandung. Gegen Mittag, also 3 Stunden nach der Abfahrt, hatte ich die Straße unten wieder erreicht, der Tacho zeigte aber erst 27 km an.
Ich hätte jetzt gleich Richtung Meer fahren können, aber ich wollte das kulturelle Highlight Segesta nicht verpassen. Also ging es in einem großen Bogen zuerst ein kurzes Stück die SS187 entlang, dann immer aufwärts auf einer einsamen Straße die SP57. Überall blühte es, Schafe, Kühe und Pferde grasten, es roch nach verschiedenen Pflanzen, einfach gut. Die Hitze heute machte mir aber echt zu schaffen, der Schweiß floss schneller als ich trinken konnte. In unregelmäßigen Abständen gab es mal eine Wasserstelle; das Wasser kann man zwar nicht trinken, aber ich zog das Trikot aus und spritzte mir mit der Wasserflasche das kalte Nass über den Kopf und den Oberkörper. Herrlich! Durch eines der wenigen Waldgebiete hier - den Bosco Scorace - ging es dann abwärts nach Segesta, das ich gegen 14 Uhr erreichte.
Zusammen mit Erice - da war ich ja gestern - gehörte Segesta zu den wichtigen Zentren der Elymer auf Sizilien. Nach dem Geschichtsschreiber Thukydides waren die Elymer Nachkommen der Trojaner, die mit Aeneas geflüchtet waren. Andere behaupten, sie stammten vom italienischen Festland. Jedenfalls lagen sie seit dem 6.Jh.v.Chr. in ständigen Auseinandersetzungen  mit Selinunt und bedienten sich unterschiedlicher Bündnispartner. Mal waren es die Karthager, mal die Athener, dann die Römer.
Angeblich gaukelte Segesta mit dem Bau des dorischen Tempels um 420 v.Chr. Reichtum vor, den es nicht besaß. Jedenfalls fehlt der eigentliche Tempelbau, die Cella. Vielleicht wurde der Tempel auch einfach nicht fertiggestellt, denn die Säulen enthalten noch die mehrere Zentimeter dicke Schutzschicht , die erst bei Fertigstellung abgeschlagen und mit Kanneluren verziert wurde. Auch sind noch die typischen Steinnasen an den Stufen der Sockeln, die man zur Befestigung von Seilen brauchte und die später abgeschlagen wurden. Wie auch immer, neben dem Concordia-Tempel aus Agrigunt ist dies der am besten erhaltene griechische Tempel auf Sizilien, was er seiner völlig isolierten Lage verdankt. Denn niemand brauchte in dieser Gegend Steine, so dass die 36 dorischen Säulen bis heute die Gegend beherrschen.
Der zweite Besichtigungsgrund in Segesta ist das Theater aus dem 3.Jh.v.Chr., als Segesta römische Legionärsstadt war. Leider kann man nicht mit dem Fahrrad auf den Monte Barbaro hochfahren, auf dem das Teatro und die antike Stadt liegen. Da ich mir eine Busfahrt nicht antun wollte, marschierte ich wie viele zu Fuß nach oben. Bei der Hitze dauerte es eine halbe Stunde, dann stand ich in dem etwa 4000 Menschen fassenden Theater von Segesta und blickte grandios auf den blauen Golf von Castellammare. Einziger Wermutstropfen die weithin sichtbare Autobahn. Hier werden übrigens im Sommer antike Dramen aufgeführt.
Wieder beim Rad, gab es in den ganzen Touri-Shops kein Magnum-Eis zum Abkühlen. Ok, dann musste halt Wasser herhalten aus der Trinkflasche mit bestimmt 38°C. Da es erst mal abwärts ging, übernahm der Fahrtwind die Kühlung. Noch etwa 10 km bis Balestrate, da ahnte ich schon, was kommt. Warum einfach zum Meer runterdüsen, nein, da setzen wir doch noch eine Stadt davor, Alcamo, und da muss dann erst mal jeder hoch. Dieser letzte Anstieg für heute fiel mir echt schwer, aber irgendwann hatte ich es geschafft und rollte auf der kleinen SP6 nach Balestrate. Das B&B Casa Ruffino ist zwar 50% teurer als die bisherigen Unterkünfte, aber die Zimmer und die ganzen Räumlichkeiten sind sehr schön mit hohen Decken und altem Mobiliar. Zum Essen gab der Wirt  mir den Tipp, doch zu Geronimo zu gehen, und das war schon mal eine gute Empfehlung. Ich bestellte einen gemischten Salat und Fischplatte, und es kamen 3 riesige Scampis und jede Menge Tintenfisch, das passte irgendwie zum heutigen Tag. Die Rechnung waren nachher 20,50 Euro, und als ich im einen Fünfziger gab, gab er mir 30 zurück und wollte partout kein Trinkgeld. Stattdessen verabschiedete er mich dann mit Handschlag. Eine guter Tag auf Sizilien heute, der mir dank Sonnenbrand noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
herrliches Wasser bei Macari


mein Spezialweg im Karstgebirge


bei uns wird es jetzt gelb , hier herrschen die roten Töne vor

Schafe mit ihren Glocken sind überall

der Tempel von Segesta


die Steinnasen für den Transport der Steine


36 dorische Säulen in vollkommener Symmetrie


das Theater konnte 4000 Menschen aufnehmen

gegen das Auto kommt hier niemand an


Donnerstag, 2. Mai 2013

Trapani über Erice nach San Vito Lo Capo

Morgens ging es erst mal wieder mit einem Gutschein zur Bar an der Hauptstrasse, Cappuccino und ein süßes Gebäck nach Wahl. Es war zwar kühler, aber blauer Himmel, und so beschloß ich statt dem direkten Weg über Erice nach San Vito La Capo zu fahren. Erice liegt auf 750m Höhe, Trapani nahe Null, und das auf der kleinen SP31 mit wenig Verkehr, aber dafür ordentlicher Steigung. Die Blicke zurück auf Trapani und die Egadischen Inseln waren gigantisch, der Schweiss floss aber auch in Strömen. Irgendwann hatte ich es aber dann doch geschafft und stellte mein Rad vor dem Stadttor ab.
Die Stadtgründung will man auf König Eryk, Sohn der Göttin Aphrodite, zurückführen. Der Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit zu Ehren errichteten die Elymer am Gipfel des Monte Erice einen großen Venustempel. Später verehrten die Karthager hier Astarte, die Griechen ihre Aphrodite und die Römer die Venus. Von all dem ist nichts mehr vorhanden , anstelle des Venustempels steht jetzt das Castello die Venere aus der Normannenzeit. Trapani war früher der Hafen von Erice, und wer nicht so sportlich ist wie ich, der kann auch mit der Seilbahn hochfahren. Die wenigen Sehenswürdigkeiten kosteten alle 2 Euro, ansonsten ist Erice eine Kleinstadt mit gepflasterten Sträßchen und einer Unmenge von Touristen-Lädchen und schönen Trattorias. Wer den Weg bis hierhin geschafft hatte, ließ wohl auch gerne ein paar Euro da, um den herrlichen Blick von oben zu genießen. Mir reichten 2 Magnum-Eis, um meine heißgelaufene Betriebstemoperatur wieder abzukühlen.
Abwärts ging es dann bis Valderice, wo ich schnell noch eine Cola kaufte. Es stand 1,55 Euro drauf, aber bezahlen musste ich 2 Euro, weil sie gekühlt war. Auch eine Geschäftsidee. Kurze Zeit später ging es links von der SS187 ab nach Sperone und leider schon wieder aufwärts. Irgendwie hatte ich gedacht, jetzt geht es nur noch runter bis zum Strand. Dann wars aber soweit, ich ließ es nur noch laufen durch das Karstgebirge bis nach Macari mit interessanten Felsen und einem endlosen Strand. Auf dem kurzen Anstieg nach San Vito Lo Capo dann meine erste Begegnung mit einer Schlange, leider war sie tot. Ich denke mal, es war eine schwarze Morphe der Gelbgrünen Zornnatter oder auch volkstümlich Karbonarschlange genannt. Sah äußerlich fast unbeschädigt aus, etwa 1 m lang, schade.
Im Albergo Auralba war mein Zimmer nicht ganz so schön wie im Internetauftritt zu sehen. Statt Meeresblick gab es nur ein Zimmer hinten raus, aber doch mit großem Balkon, und die Leute sind auch sehr nett. Meinen Plan, morgen mit dem Rad die 7 km durch den Zingaro-Nationalpark zu fahren, kann ich knicken, Radfahren ist dort nicht erlaubt. Muss ich und kann ich akzeptieren, die Mountainbiker sind wirklich nicht überall nur eine Freude. Das heißt für mich aber auch, dass ich etwa 20 km auf demselben Weg zurückfahren muss, den ich hergekommen bin. Also früher aufstehen.
Der Ort wird dominiert von einer riesigen Felsformation des Karstgebirges im Zingaropark. Davor liegt ein herrlich breiter und sauberer Sandstrand mit grünblauem Wasser, genau, wie man es sich erträumt. Ich war zwar nur mit den Füssen drin bei einem Strandspaziergang, aber das Wasser war schon angenehm warm mit bestimmt 20°C. Im Sommer ist hier wohl die Hölle los, es gibt unzählige Restaurants, Campingplätze und Unterkünfte aller Art. Leider kam dann ein Gewitter auf, und ich hastete mit meinen paar Einkäufen schnell zurück und sitze seither auf dem Balkon, um meine Post und den Blog abzuarbeiten. Hier einen Tag bei Sonnenschein zu verbringen, wäre auch nicht verkehrt gewesen.
Via Giovanni Batiste Fardela quer durch Trapani

die Sichel in Trapani biegt sich nach rechts, der Hafen ist links

auf der linken Seite gut noch einmal die Salinen zu sehen


ein ruhiges Plätzchen in Erice



Marzipan ist eine teure Spezialität in Erice


markante Felsen bei Macari

wahrscheinlich eine Karbonarschlange

herrlicher Strand in San Vito Lo Capo

einmal duschen bitte einen Euro

Mattanza - grausamer Thunfischfang in Sizilien

Gewitter Stimmung beim Blick aus meinem Hotel

Mittwoch, 1. Mai 2013

Marsala nach Trapani

Haben die Dortmunder ja gerade noch mal so die Kurve gekriegt und stehen im Endspiel. Bin gespannt, was die Bayern heute machen. Internet geht ja wieder mal, da sollte es zumindest möglich sein, einen LiveTicker anzuschalten.
Mein Fahrrad stand letzte Nacht zum ersten Mal auf der Terrasse ohne Dach übern Kopf, und prompt hat die Beregnungsanlage alles mit einem Schmutzfilm überzogen. Keine Ahnung, mit was die ihre Pflanzen gießen, aber reines Wasser war das nicht. In den andern Zimmern waren z.T. auch Gäste, aber gesehen habe ich nur zwei. Aber ein Surfanzug und ein Board waren zu sehen, hier im Südwesten scheint man besonders gut segeln und surfen zu können. Seit 2005 ist sogar der America's Cup in Trapani.
Auf kleiner Strasse ging es etwa 7 km nach Marsala, das 397 v.Chr. von den Karthagern unter dem Namen Lilybaion gegründet wurde. 827 n.Chr. fiel es in die Hände der Araber, die es Marsa al Allah - also Hafen Gottes - gleich Marsala nannten, und es ist bis heute ein Zentrum des Islam in Italien geblieben.
Um dem Portwein Konkurrenz zu machen, errichtete der Engländer John Woodhouse 1773 eine Weinproduktion. In alten Eichenfässern entsteht der Likörwein mit bis zu 24% Alkoholgehalt nach einer Lagerung von einem bis zu zehn Jahren. Bedeutung erlangte Marsala auch bei der Wiedervereinigung Italiens, dem Risorgimento, als hier am 11. Mai 1860 der „Zug der Tausend“ unter Führung von Giuseppe Garibaldi landete und den Siegeszug gegen die Bourbonen begann.
Ich trank erst mal einen Frühstückskaffee am Hafen und schob das Rad dann durch die Fußgängerzone der Altstadt. Bemerkenswert waren die Stadttore und auch der Duomo San Tomaso, aber die meisten Geschäfte waren noch nicht geöffnet.
Weiter ging es dann auf kleinen Straßen Richtung Trapani. Ein Problem in den kleinen Orten solcher Straßen waren auch heute die Hunde für mich, die meistens frei herumlaufen und für die Radfahrer offensichtlich zum Feindbild gehören. Zweimal hetzten eine Handvoll Hunde hinter mir her, und ich hatte heute nur Sandalen an und hätte mich schlecht mit Fußtritten wehren können. Immer ein paar Steine mit mir herumzufahren, um sie damit abzuwehren, ist mir vom Gewicht her dann doch zu mühsam. Zum Glück hat mich bis heute noch keiner erwischt. Vielleicht nehme ich beim nächsten Mal Pfefferspray mit, um den Hunden diese Attacken abzugewöhnen.
Obwohl heute kaum Steigung dabei war, und auch die Temperatur heute geringer als gestern war, empfand ich die Strecke heute ermüdend. Ein Stück auf der Schnellstraße am Flughafen vorbei zermürbte mich durch den hohen Verkehr und die ständige Lautstärke. Jeder hupt, weil er grüßt, weil er überholt, weil er sich ärgert, aus Spaß oder weil er irgendjemanden auf etwas aufmerksam machen will. Manche Roller klingen wie ein Tornado, das gepflegte Grollen einer Ducati dagegen lasse ich mir ja gefallen. Kurzum, diese Strecken mit viel Verkehr, zu denen man hier auf Sizilien öfters gezwungen wird, hängen mir inzwischen zum Hals heraus. Ich bin auch langsam froh, dass ich die Runde bald geschafft habe.
Kurz vor dem Ziel kamen die Salinen, die über Jahrhunderte ein wichtiger Wirtschaftszweig in Trapani waren. Über Windmühlen wurde das Wasser geschöpft und transportiert, begonnen wurde die Kristallisation im März, Erntezeit für das fertige Salz war - und ist immer noch - August bis spätestens September. In Trapani fand ich ziemlich schnell das B&B Luna Blu. Zwei sehr nette englisch sprechende Mädels öffneten mir, aber die waren leider gerade auf der Abreise. Vom Platz und von der Lage her ist es wie immer super, ansonsten wirkt das Zimmer aber schon etwas angegriffen. Für eine Nacht ok, und mein Rad steht sicher im Flur. Nach der Dusche und dem Einrichten des Internets schaute ich mir die Altstadt von Trapani an. Es ist eine Art Sichel ins Meer hinein, links sind die Hafenanlagen, rechts der Strand, und an der Spitze ist der Leuchtturm. Die eigentliche Fußgängerzone ist zwar schön, aber sonst war ich doch etwas enttäuscht. Kleine schöne Ecken, überall Wasser, aber es fehlt der Flair vieler anderer sizilianischer Städte. Gegen Abend gab es dann unweit meiner Unterkunft ein Konzert von "radio it ???" mit einer jungen Band. Hat mir gut gefallen, kein Gesang, nur Instrumental, oft leise sphärische Musik mit Gitarre und Synthesizer, und dann wieder volles Rohr mit allem. Allerdings waren die meisten Sizilianer gar nicht an der Musik interessiert, sondern sie standen in dem Park und trafen sich. Offensichtlich kannte jeder jeden, denn ständig gab es Küsschen da und Küsschen dort, man umarmte sich, nach zwei Sätzen ging man mit derselben Zeremonie auseinander. Und auch die Kinder waren dabei, im vorderen Teil gab es einen riesigen Spielplatz, und da tobten mehrere hundert Kinder. Dieses Gefühl der Gemeinschaft, das geht uns Deutschen ja doch ein wenig ab. Umso schwerer werden es früher die Gastarbeiter bei uns gehabt haben, wenn sie in Deutschlands Kälte ihr Geld verdienen mussten. Diese zwei Stunden sich darin treiben lassen, die haben mich wieder mit vielem versöhnt.
Klatschmohn überall

Eingangstor in Marsala

Duomo San Tomaso

die übliche Debatte irgendwo auf einem Platz in jedem Ort


Blick auf die vorgelagerten Inseln zwischen Marsala und Trapani


Windmühlen transportierten das Wasser bei der Salzgewinnung


Salinen bei Trapani


trotz schlechtem Wetter wird der 1.Mai am Strand verbracht


heute fotografiert man mit i-Pad - sieht aber komisch aus


Trapani am Ende der Sichel


Blick nach Südwesten auf die vorgelagerten Inseln


Sonnenbaden war nichts - aber Entspannung am Wasser geht auch so

Garibaldi-Denkmal in Trapani

Fußgängerzone in Trapani