Mittwoch, 17. April 2013

Stromboli

Ulli's Weckdienst hätte ich gar nicht gebraucht, ich war auch so früh genug wach, um die Fähre um 7:20 Uhr zu erreichen. Was ein Glück, dass ich die Tickets gestern schon gekauft hatte, da standen noch etwa 100 Leute am Schalter an. Mit dem Fahrrad wollte mich aber keiner aufs Boot lassen. "Prohibito" verstand ich nur laufend, aber ich hatte der Dame am Schalter doch gesagt , dass ich ein Fahrrad mitnehmen wollte. Diskussion erst mit dem einen, dann dem nächsten, schließlich verlanget der Kapitän, ich sollte noch einmal ein Ticket für das Rad lösen.
Erinnert sich jemand ... da war doch die Schlange! Es waren vielleicht 10 weniger, und die Abfahrtszeit war vorbei. Aber alle wollten auf das Schiff. Also anstellen. Als ich dran bin, sagt mir dieselbe Frau am Schalter, die mir gestern die Karten verkauft hatte, Tickets für Räder gebe es nicht, die seien verboten. Hätte sie mir auch gestern sagen können. Ok, dann fallen die Äolischen Inseln halt ins Wasser, und alle Buchungen waren umsonst. Ich holte mein Rad wieder von der Mole und wartete auf das Ende der Schlange, um wenigstens mein Geldwieder zurückzufordern. Etwa 10 Leute stehen noch an, da kommt der Anruf vom Kapitän, er fährt jetzt ab, Ticketverkauf geschlossen. Die Aufregung und das Palaver kann sich keiner vorstellen. Irgendwie geht es dann aber doch, und plötzlich sagt die Dame zu mir, ich müsse mich beeilen, hier wäre das Ticket für das Rad, 6 Euro! Da soll einer die Italiener verstehen! Einer von der Besatzung macht drinnen noch ein wenig Terror, er hätte nicht so viel Zeit, aber mit Gepäck läßt sich das Rad nicht durch die Stuhlreihen schieben, das dauert eben. Dann endlich geht es los, das Rad steht hinten auf einer kleinen Plattform, die bei jedem Inselaufenthalt als Raucherzimmer verwendet wird. Gegen 11 Uhr sind wir dann in Stromboli, und ich habe ein Zimmer mit Meerblick unweit der Anlegestelle. Internet gibt es immer nur für eine Stunde, deshalb stelle ich diesen Bericht gleich mal online. Im Anschluss will ich mich um eine Führung auf denVulkan bemühen.

Bei einem Spaziergang durch den Ort San Vincenzo konnte ich nicht nur leckeren Schinken und Brot einkaufen, sondern auch gleich eine Führung auf den Vulkan buchen. 25 Euro der Guide incl. Helm, 5 Euro kostete noch einmal der Rucksack als Leihgebühr, und die Dame sprach sogar deutsch. Anschließend hielt ich erst mal einen Mittagsschlaf, man ist ja im Urlaub.
Um 16:15 Uhr sollte ich da sein, so eine halbe Stunde später ging es dann auch los, mit ca. 20 Leuten allein in dieser Gruppe. Unterwegs trafen wir dann noch 5 oder 6 andere Gruppen, so dass doch eine ganze Menge Menschen dieses Schauspiel erleben wollten. Viele ältere Leute auch, und alle haben es sehr gut gemeistert. Das Problem war, dass es zunächst furchtbar warm war durch den doch recht steilen Anstieg, und oben sollte es kalt sein, man musste also viel Zeug den Berg hinaufschleppen, vom Wasser über die Jacke(n) bis zum Foto.Ich hielt mich meist am Ende auf, hatte aber mit meinen 2 Litern Wasser, 2 Jacken , dem Foto, dem GPS-Gerät , der Stirnlampe und ein wenig zu Essen ganz schön schwer zu schleppen. Bei uns gab es viele Franzosen, ein paar Italiener, einige Tschechen wohl der Sprache nach zu urteilen, und ein österreichisches Paar.
Nach etwa einem Drittel stand ein Schild, dass ab hier Weitergehen nur noch mit Guide erlaubt sei. Ich hatte mir ja auch schon überlegt, das alles auf eigene Faust zu machen, hatte aber nach der Erfahrung von heute Morgen mit dem Rad keine Lust auf neue Probleme.Trotzdem kam mir das erst mal als Abzocke vor, Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Einheimischen. Ging es unten noch durch Schilf und viel Grün, gab es auf der oberen Hälfte des Vulkans nur noch Sand und Steine. Auf etwa 800 m mussten wir die Helme aufziehen, was ich erst mal komisch fand, weil schon die ganze Strecke vorher Steinschlag von den vorausgehenden Gruppen drohte.Kurze Zeit später sahen wir dann den ersten kleinen Schlot, der andauernd Lava spie und natürlich alle zum Foto greifen ließ. Da half auch kein "don't stop here, there is a better place not far away" vom Guide, alle Gruppen blieben erst mal stehen. Aber er hatte natürlich Recht, denn auf dem Gipfel auf 920m Höhe schaut man direkt auf mehrere kleinere Vulkanschlote unterhalb, deren Magmablasen regelmäßig mit einem gewaltigen Knall explodieren und die Magmafetzen viele Meter hoch auswerfen. Die Helme hatten wir nicht wegen der Steine auf, sondern weil man da oben nur etwa 200 Meter von dem explodierenden Magmaschlot entfernt steht und auch so manches Mal etwas auf den Kopf bekommen kann. Ich war schon auf dem Vesuv oder in Hawaii auf Big Island, aber so nah und so elementar habe ich noch nirgendwo einen Vulkan bei der Arbeit erlebt. Jetzt war mir auch klar, dass ein Guide notwendig ist. Wer sich gerne einen Vulkan aus der Nähe ansehen möchte, dem sei Stromboli wärmstens ans Herz gelegt, das ist wirklich beeindruckend.
Solange es noch hell war, konnte ich auch noch ein paar Fotos schießen, aber nachdem die Sonne untergegangen war, wurde die Belichtungszeit so lang, dass auf den Bildern nur noch rote Striche zu erkennen waren. Eine manuelle Einstellung klappte auch nicht, für so ein Schauspiel ist eine Spiegelreflex-Kamera dann doch ein Muss. In einer andern Gruppe war ein japanisches Pärchen, er filmte mit der Profifilmkamera, sie schleppte das bestimmt 15 kg schwere Stativ.Mit dem Filmen klappte es bei mir auch noch am Besten, und ein paar Mal gelang mir sogar eine Aufnahme, wenn einer der Schlote explodierte. Ich hatte schon zwei Jacken übereinander angezogen, trotzdem fror ich dann irgendwann so erbärmlich, dass ich keine Aufnahme mehr ruhig halten konnte. Nach einer guten Stunde nach einigen besonders heftigen Eruptionen, bei denen sogar der Boden bebte, auf dem wir standen, verließen wir den kalten Gipfel und rutschen mit Stirnlampe auf dem Kopf einen Sandweg nach unten. Anhalten und Angst haben gilt nicht, sonst gibt es einen Massenunfall. Aber alle landeten unversehrt wieder im Tal, wenn auch einige Teilnehmer, die mit niedrigen Turnschuhen unterwegs waren, durch den Lavasand ordentliche Blasen als Andenken mitnahmen.Um 22 Uhr gaben wir die Helme ab und ich hüpfte erst mal unter die Dusche, um den Staub loszuwerden.
Wen es interessiert: die vulkanische Aktivität des Stromboli wie der ganzen Äolischen Inseln entstand dadurch, dass sich die Afrikanische Platte unter die Euro-Asiatische Platte schiebt. Neben den sichtbaren 7 Inseln gibt es noch einige Unterwasservulkane wie Äolus oder Sisyphus, die die Wasseroberfläche nicht erreicht haben. Das Meer ist hier nämlich 2000 m tief, der ganze Stromboli-Vulkan also 3000 m hoch.Den letzten richtigen Lavastrom erlebte Stromboli 2007, der jedoch wie fast alle davor für die Bewohner harmlos in eine Vertiefung der Bergflanke floss, die "Sciara del Fuoco".
schwarzer Lavastrand

mein Zimmer direkt am Meer

Aufstieg zum Vulkan

Vulkanschlot vor der untergehenden Sonne

sprotz, sprotz ...

hinten das Dunkle ist das Meer

schöne Abendstimmung


 
 

 
 
 
 
 
 
 

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